Gerichtsverhandlung der georgischen Saisonbeschäftigten am 20. Mai 2022

Pressemitteilung

Stuttgart, den 13.05.2022
Seit Mai 2021 wehrt sich eine Gruppe von georgischen Saisonbeschäftigten gegen die Ausbeutung durch ihren ehemaligen Arbeitgeber auf einem Obsthof am Bodensee. Nach einer gescheiterten Güteverhandlung im August 2021 wird es nun am Freitag, den 20.05.2022 ab 9:00 Uhr, die mündliche Verhandlung vor dem Arbeitsgericht in Ravensburg geben.18 der 24 betroffenen Kolleg*innen führen mit Hilfe ihrer Gewerkschaft IG BAU jeweils einen einzelnen Rechtsstreit. Im Kern dieser Verfahren steht die Frage, ob den Beschäftigten der Mindestlohn auch während der Wartezeiten eines sog. Annahmeverzugs zusteht, also wenn der/die Arbeitgeber*in beispielsweise aufgrund von schlechter Witterung die Beschäftigten nicht einsetzt. Der Arbeitgeber hat zudem versucht, die Beschäftigten mit einer Verzichtserklärung um ihren rechtmäßigen Lohn zu bringen. Dies halten wir für rechtswidrig, da nach dem Mindestlohngesetz auf den Mindestlohn nur durch gerichtlichen Vergleich verzichtet werden kann.

Die meisten der ca. 275.000 Saisonbeschäftigten in Deutschland kommen aus Polen und Rumänien. 2021 konnten zum ersten Mal auch Georgier*innen über ein Drittstaatenabkommen einreisen. Für 2022 gilt ein solches Abkommen auch mit der Republik Moldau. All diese Saisonbeschäftigten nehmen diese lange Reise, getrennt von ihrer Familie, nicht in Kauf, um dann in Deutschland auf der Wartebank ohne Bezahlung zu sitzen. Auch für die Zeit des Annahmeverzugs müssen die Kolleg*innen die Sicherheit haben, den Mindestlohn gezahlt zu bekommen. Für diese Rechtssicherheit ist der bevorstehende Prozess von großer Bedeutung.

Am 20. Mai wird auch der georgische Kollege Levani Idadze vor Ort anwesend sein und als Zeuge aussagen. Herr Idadze ist ebenfalls von der ausbeuterischen Praxis betroffen und lebt inzwischen in Deutschland. Die anderen Kolleg*innen leben in Georgien und können leider nicht persönlich am Prozess teilnehmen.

Die Beratungsstelle mira – Mit Recht bei der Arbeit, die Katholische Betriebsseelsorge in der Diözese Rottenburg-Stuttgart und die IG BAU haben die georgischen Kolleg*innen seit Juni 2021 unterstützt und begleitet. Im Dezember 2021 haben sie zu einer Spendenkampagne aufgerufen, um die georgischen Kolleg*innen bei weiteren Auslagen, z.B. für Flüge und Sprachmittlung, zu unterstützen (https://www.betterplace.me/unterstuetzt-die-georgischen-saisonarbeiter-innen60). Margarete Brugger (mira-Mit Recht bei der Arbeit), Werner Langenbacher (katholischer Betriebsseelsorger), Torsten Hirtz (IG BAU) und Sabine-Agathe Häußler (DGB Rechtsschutz GmbH) werden am 20. Mai vor Ort sein und Presseanfragen beantworten.

Bitte beachten Sie unsere vorhergehenden Pressemitteilungen:
Anlage 1: Pressemitteilung vom 07.07.2021
Anlage 2: Pressemitteilung vom 01.12.2021